Kurs halten im KI-Zeitalter:
Warum der Mensch der entscheidende Erfolgsfaktor bleibt
Künstliche Intelligenz hält Einzug in Unternehmen, doch ihr Erfolgsfaktor Nummer eins bleibt der Mensch. Das zeigt die aktuelle Untersuchung des Fraunhofer IAO deutlich: Nahezu alle Unternehmen erkennen die hohe Relevanz von KI, viele arbeiten bereits mit ersten Anwendungen oder prüfen Einsatzpotenziale intensiv. Die Motivation ist klar: Prozesse sollen schneller, Mitarbeitende entlastet und Kosten gesenkt werden. Genau hier entfaltet KI ihren größten Mehrwert.
Gleichzeitig wird sichtbar, dass technologische Ambitionen ohne menschliche Kompetenzentwicklung ins Leere laufen. Unternehmen berichten vor allem von fehlendem Know-how, unklaren Einsatzpotenzialen und Unsicherheiten rund um Datenqualität, rechtliche Fragen und IT-Sicherheit. Besonders kleinere Betriebe stehen unter wirtschaftlichem Druck und kämpfen mit begrenzten Ressourcen – während mittlere Unternehmen die größte Breite an Herausforderungen spüren.
Damit KI tatsächlich wirkt, empfehlen die Forschenden daher einen klaren menschzentrierten Ansatz: Qualifizierung über alle Ebenen hinweg – von operativen Fachkräften bis zu Führungsteams. Denn KI ist kein reines IT-Thema, sondern verändert Wertschöpfung ganzheitlich. Ebenso zentral sind vertrauensvolle Austauschformate, in denen Unternehmen voneinander lernen können. Kooperation wird zum Schlüssel: beim Teilen von Wissen, beim Zugang zu Daten und nicht zuletzt beim gemeinsamen Aufbau von KI-Kompetenzen.
Das Fazit der Studie ist eindeutig: KI kann enorme Potenziale heben – aber nur, wenn Unternehmen ihre Belegschaften mitnehmen, Kompetenzen aufbauen und Vernetzung aktiv fördern. Die menschliche Nähe, die das Titelthema der Themenseite betont, bleibt damit nicht Gegenpol zur Automatisierung, sondern ihr wichtigster Erfolgsfaktor.
Wenn KI den Takt vorgibt:
Warum Nähe wichtiger wird
Generative KI ist längst im Arbeitsalltag angekommen – und sie verändert die Arbeitswelt spürbar. Die neue Studie von Andrew Johnston (University of Texas) und Christos Makridis (Arizona State University) zeigt, wie tiefgreifend diese Verschiebung bereits wirkt: Branchen mit hoher KI-Exposition verzeichnen deutliche Zuwächse bei Löhnen und Beschäftigung. Entscheidend ist jedoch, wie KI eingesetzt wird.
Die Forscher unterscheiden zwischen zwei Arten von KI-Einfluss: augmentierend und ersetzend. Dort, wo KI den Menschen unterstützt – etwa indem sie Routineaufgaben beschleunigt oder komplexe Informationen sortiert – steigt die Nachfrage nach Arbeitskräften. Beschäftigung und Lohnsumme wachsen merklich. Vor allem jüngere und gut ausgebildete Beschäftigte profitieren: Sie verzeichnen laut Analyse überdurchschnittliche Einkommenszuwächse, da sie digitale Werkzeuge schneller adaptieren und produktiv einsetzen.
Ganz anders sieht es in Bereichen aus, in denen KI Tätigkeiten vollständig übernehmen kann. In diesen „displacing sectors“ gehen Jobs verloren, und die Lohnsumme schrumpft. Die Studie macht deutlich: Nicht KI an sich ist die Gefahr, sondern dort entstehende Lücken menschlicher Sinnstiftung und Interaktion.
Johnston und Makridis empfehlen daher, KI bewusst als Ergänzung statt als Ersatz zu gestalten. Unternehmen sollten ihre Mitarbeitenden befähigen, KI sinnvoll einzusetzen statt verdrängt zu werden. Das bedeutet: Qualifizierung, klare Regeln zur Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine und ein Fokus auf menschliche Stärken wie Empathie, Kontextverständnis und Beziehungsarbeit.
Die Studie zeigt: Die Zukunft gehört nicht der KI allein. Sie gehört denjenigen Arbeitsumgebungen, in denen Technologie Freiräume schafft – und Menschen diese Freiräume nutzen, um Nähe, Kreativität und Urteilskraft einzubringen. Nur so wird aus Automatisierung echter Fortschritt.
Wenn Städte klüger werden:
Wie KI Kommunen stärken kann
Künstliche Intelligenz verändert längst nicht mehr nur Unternehmen – sie wird zu einem zentralen Baustein moderner Dienstleistungen zur Stadtentwicklung. Die Studie im Auftrag der Friedrich Naumann Stiftung zeigt deutlich, welche Chancen sich für Städte eröffnen und welche Weichen Kommunen jetzt stellen sollten. Denn ob Mobilität, Verwaltung oder Bürgerdienste: KI kann helfen, urbane Herausforderungen schneller, effizienter und sozial verträglicher zu lösen.
Besonders groß sind die Potenziale dort, wo heute Strukturen an Grenzen stoßen: im Verkehr, beim Wohnungsbau oder in überlasteten Verwaltungen. Intelligente Verkehrssteuerung, prädiktive Wartung oder autonome ÖPNV-Angebote können Staus reduzieren, Emissionen senken und Mobilität inklusiver machen. Digitale Zwillinge eröffnen neue Möglichkeiten in Planung und Quartiersentwicklung – vom Energieverbrauch bis zur Simulation künftiger Nutzungen. Auch im administrativen Alltag schafft KI messbare Entlastung: automatisierte Dokumentenverarbeitung, Chatbots und Analysewerkzeuge helfen, lange Bearbeitungszeiten zu verkürzen und Ressourcen gezielter einzusetzen.
Doch die Forschenden machen eines klar: KI ist kein Selbstläufer. Ohne hochwertige Daten, klare Strategien, organisatorische Anpassungen und digitale Kompetenzen bleibt sie Stückwerk – ein Fakt, den wir auch im KVD an vielen Stellen regelmäßig diskutieren. Entscheidend sei deshalb, KI nicht isoliert als Technikprojekt zu begreifen, sondern als Motor einer umfassenden Verwaltungs- und Stadtmodernisierung, sagen die Forscher.
Ihr Rat: Städte sollten eigene KI-Strategien entwickeln, die von Anfang an transparent, verantwortungsvoll und partizipativ gestaltet werden. Denn Akzeptanz entsteht nur, wenn Bürgerinnen und Bürger ebenso wie Mitarbeitende erkennen, welchen konkreten Nutzen KI stiftet. Richtig eingesetzt kann sie ein Hebel sein – für lebenswertere, nachhaltigere und widerstandsfähigere Städte.
Warum Unternehmen an KI scheitern –
und was das über uns Menschen verrät
Der neue Report “The GenAI Divide: State of AI in Business 2025” des MIT Media Lab legt schonungslos offen, wie groß die Kluft zwischen Anspruch und Realität in der Unternehmenswelt geworden ist. Während KI als Heilsversprechen durch Vorstandsetagen geistert, zeigt die Praxis ein ernüchterndes Bild: Nur fünf Prozent aller KI-Pilotprojekte erzielen überhaupt einen messbaren ROI. Und selbst diese wenigen Erfolge finden fast ausschließlich in hochstrukturierten Bereichen statt – etwa in der Logistikautomatisierung, der Betrugserkennung oder der vorausschauenden Wartung.
Gleichzeitig scheitert ein Großteil der Initiativen schon daran, vom Prototyp in den echten Betrieb überzugehen. Rund 60 Prozent aller Unternehmen geben an, dass ihre Projekte nie über den Proof-of-Concept hinauskommen. Fehlende Integration, inkompatible Systeme und mangelnde interne Expertise blockieren den Weg zur Skalierung.
Besonders deutlich wird die Kompetenzlücke beim Vergleich zwischen Eigenentwicklungen und externen Lösungen: Anbieterplattformen liefern doppelt so häufig einen positiven ROI wie interne Projekte. Unternehmen investieren Milliarden in KI – aber häufig in die falschen Bereiche. Statt Prozesse zu automatisieren oder Lieferketten zu optimieren, fließen enorme Budgets in Chatbots und andere glänzende, aber ineffektive Anwendungen.
Parallel dazu wächst ein neues Phänomen: Shadow AI. Mitarbeitende nutzen privat verfügbare KI-Tools wie ChatGPT, weil interne Lösungen fehlen oder unpraktisch sind. Was als pragmatische Abkürzung beginnt, führt zu Compliance-Risiken, Sicherheitslücken und finanziellen Verlusten.
Der Report zeigt damit nicht nur technische Defizite – sondern ein tiefes Spannungsfeld zwischen Automatisierung und menschlicher Nähe. Unternehmen müssen lernen, KI nicht als Selbstzweck zu sehen, sondern als Werkzeug, das nur dann wirkt, wenn Strukturen, Kompetenzen und Kultur mitwachsen.
