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Die Stimmung der Wirtschaft ist schlechter als die Realität – was Prof. Dr. Marcel Fratzscher in seiner Keynote auf unserem Service Congress 2025 als These aufgestellt hat, zog sich wie ein roter Faden durch unsere zweitägige Veranstaltung. Fratzscher hatte vor allem Themen wie Nachhaltigkeit und Künstliche Intelligenz für die Verunsicherung und Unruhe ausgemacht. Passend dazu hatten wir zwei weitere Keynotes geliefert: Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Boos (FIR) forderte, dass wenn wir wertsteigernde Kreislaufwirtschaft mit dem Service gestalten, sich ganz neue Geschäftsmodelle ergeben. Und Jonathan T. Mall stellte seine Vorstellungen zur Rolle der KI im Service vor.

Und wer Jonathan T. Mall schon einmal live erlebt hat, weiß: Seine Vorträge sind keine trockenen Technik-Analysen, sondern Denkanstöße mit Tiefgang und Humor. Auf dem KVD Service Congress hat der Neuropsychologe und Gründer von Neuroflash mit seiner Keynote „Schneller, besser, kälter: Mensch und KI im Service“ wieder genau das geschafft – er hat uns mit einem Augenzwinkern gezeigt, warum künstliche Intelligenz zwar klüger wird, aber die menschliche Intelligenz im Service unersetzbar bleibt.

KI ersetzt keine Menschen, aber sie ersetzt Ahnungslosigkeit

Mall begann mit einem Bild, das hängen bleibt: „KI ist wie ein Praktikant mit Einsen – schnell, hochintelligent, aber beziehungsunfähig.“ Und genau hier liegt der Kern seiner Argumentation. In einer Welt, in der Chatbots, Sprachmodelle und Automatisierungen immer mehr Aufgaben übernehmen, darf der Mensch nicht verschwinden – er wird im Gegenteil wichtiger denn je.

Seine erste These: KI ersetzt keine Menschen, aber sie ersetzt Ahnungslosigkeit. Das trifft den Punkt. KI kann Prozesse beschleunigen, Wissen konservieren und vor allem jüngeren oder neuen Mitarbeitenden helfen, schneller auf das Erfahrungsniveau erfahrener Kolleginnen und Kollegen zu kommen. Das bedeutet: Wissenstransfer neu gedacht. Wer also Angst hat, dass Maschinen Arbeitsplätze vernichten, sollte eher fragen, wie sie helfen können, Fachwissen zu sichern – besonders in Zeiten des demografischen Wandels.

Service kann mit KI menschlicher sein als ohne Mensch

Seine zweite These geht noch weiter: Service kann mit KI menschlicher sein als ohne Mensch. Das klingt im ersten Moment paradox, ist aber konsequent gedacht. KI kann Muster menschlicher Wahrnehmung verstehen, Emotionen simulieren und damit Kommunikation verbessern. Sie weiß, wo unser Blick auf einer Website landet, welche Worte Vertrauen schaffen und wie kleine Details den Unterschied machen – wie ein roter Rand, der die Aufmerksamkeit lenkt.

Aber, und das betont Mall deutlich: Die empathische Wirkung entsteht nur, wenn Menschen KI bewusst gestalten und gezielt einsetzen. Service bleibt ein People Business – auch, wenn Maschinen im Hintergrund helfen.

KI ist Menschlichkeit bald unbezahlbar

Die dritte These schließlich ist vielleicht die unbequemste: Ohne KI ist Menschlichkeit bald unbezahlbar. Das ist kein Widerspruch, sondern eine Warnung. Wenn Serviceorganisationen Routineaufgaben nicht digitalisieren, bleibt kaum noch Raum für echte Kundenbeziehungen. KI schafft Entlastung – damit Menschen wieder Zeit für Menschen haben. Denn Vertrauen, Verständnis und Verantwortung lassen sich nicht programmieren.

Jonathan T. Mall bringt es am Ende seiner Keynote auf den Punkt: „Künstliche Intelligenz ist nicht das Ende des Menschen im Service – aber Menschen ohne KI, das könnte das Ende ihres Services sein.“ Für uns beim KVD heißt das: Wir müssen nicht nur über neue Tools sprechen, sondern über neue Rollen, neue Kompetenzen und den Mut, Technologie als Partner zu sehen – nicht als Gegner. Genau hier setzen wir mit unseren Verbandsangeboten und unseren Themen in der ServiceToday im kommenden Jahr an.

Carsten Neugrodda, KVD Geschäftsführer

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