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Der aktuelle Gartner Hype Cycle für Künstliche Intelligenz 2025 zeigt: KI-Agenten sind die Technologie der Stunde. Das ist auch meine Erfahrung – man findet aktuell kaum einen text zu KI, der sich nicht auch mit KI-Agenten beschäftigt. Was ein solcher Hype mit sich bringt: KI-Agenten stehen damit auch an der Spitze überzogener Erwartungen – gefühlt wie auch nachweisbar, wie der gerade aktualisierte Gartner Hype Cycle zeigt. Analysten prognostizieren, dass mehr als ein Drittel aller Projekte im Bereich agentischer KI in den kommenden Jahren scheitern wird. Gerade im Service-Bereich, wo KI-Agenten Prozesse beschleunigen, Kundenanliegen automatisieren und Mitarbeiter entlasten sollen, lohnt sich ein genauer Blick auf Chancen und Risiken. Service-Organisationen müssen sich die Frage stellen – lohnt sich der Invest? Und – in welchem Einsatzfeld, mit welchem Geschäftsmodell? Die nächsten Monate werden spannend.

Was sind KI-Agenten eigentlich?

Kurz zu den KI-Agenten an sich, damit wir alle auf dem gleichen Stand sind: Dabei handelt es sich um autonome oder halbautonome Softwareeinheiten, die mithilfe von Methoden wie großen Sprachmodellen (LLMs) in ihrer digitalen oder physischen Umgebung wahrnehmen, Entscheidungen treffen und eigenständig handeln können. Im Unterschied zu Chatbots, die auf einzelne Nutzeranfragen reagieren, übernehmen KI-Agenten eigenständig komplexere Aufgaben und verfolgen dabei definierte Ziele.

Im Service heißt das aus meiner Sicht: Sie können als „digitale Mitarbeiter“ etwa Anfragen klassifizieren, Support-Tickets priorisieren, Ersatzteile im Field Service automatisch nachbestellen oder proaktiv Kunden über Lieferstatus und Probleme informieren. Gartner sieht in diesen Funktionen einen wichtigen Schritt hin zu einem intelligenteren, effizienteren Kundenservice.

Gartner: Der Hype erreicht den Höhepunkt

Laut Gartner zählen KI-Agenten 2025 zu den am schnellsten voranschreitenden Technologien im Hype Cycle. Analystin Haritha Khandabattu betont: „Da die Investitionen in KI in diesem Jahr weiterhin stark sind, wird der Einsatz von KI für operative Skalierbarkeit und Echtzeit-Intelligenz stärker in den Vordergrund gerückt. Dies hat zu einer allmählichen Verlagerung des Schwerpunkts von der generativen KI hin zu den grundlegenden Voraussetzungen für eine nachhaltige KI-Bereitstellung geführt, wie etwa KI-fähige Daten und KI-Agenten.“

Im Service-Umfeld äußert sich dieser Hype meiner aktuellen Bobachtung nach in vielen Projekten: von „intelligenten“ Self-Service-Portalen bis hin zu Pilotprogrammen, in denen Agenten Servicetechnikern Aufgaben vorbereiten oder in Callcentern Routinegespräche übernehmen.

Wenn Projekte scheitern

Gartner warnt: Mehr als ein Drittel aller KI-Agenten-Projekte wird bis 2027 eingestellt. Anushree Verma, Senior Director Analyst bei Gartner, benennt die Gründe: „Die meisten dieser Projekte befinden sich noch in einer frühen Phase – es sind meist Experimente oder Proof-of-Concepts, die durch den aktuellen Hype entstanden sind und häufig fehlgeleitet eingesetzt werden. Das führt oft dazu, dass Unternehmen die tatsächlichen Kosten und die Komplexität der Einführung von KI-Agenten in großem Maßstab unterschätzen – viele dieser Projekte schaffen es deshalb gar nicht erst in den produktiven Betrieb.“

Gerade im Service zeigt sich das für mich deutlich: Während KI-Agenten im Pilotbetrieb einfache Kundenanfragen überzeugend bearbeiten können, scheitern viele Unternehmen daran, diese Lösungen nahtlos in ihre bestehenden CRM- oder Ticketing-Systeme zu integrieren.

In einer aktuellen Gartner-Umfrage unter 3.412 Webinar-Teilnehmenden gaben 19 % an, bereits signifikant in agentische KI investiert zu haben. 42 % investieren bislang vorsichtig, 8 % überhaupt nicht. Rund 31 % sind unentschlossen oder abwartend.

Zwischen Risiko und Potenzial

Trotz der hohen Ausfallquote sieht Gartner in KI-Agenten einen entscheidenden Technologiesprung. Verma hebt hervor: „Um den wahren Nutzen agentischer KI auszuschöpfen, sollten Unternehmen nicht nur auf die Automatisierung einzelner Aufgaben schauen, sondern die Produktivität auf Unternehmensebene in den Fokus stellen. Ein guter Einstieg ist der Einsatz von KI-Agenten für Entscheidungssituationen, zur Automatisierung routinemäßiger Abläufe oder zur Bearbeitung einfacher Anfragen.“

Im Service-Bereich kann das heißen:

/ Kundenservice: KI-Agenten bearbeiten Standardanfragen rund um Rechnungen, Lieferstatus oder Vertragsdetails eigenständig und eskalieren nur komplexe Fälle an Menschen.

/ Field Service: Agenten koordinieren automatisch Termine, bestellen Ersatzteile und optimieren Routenplanung für Techniker.

/ Self-Service-Portale: KI-Agenten führen Kunden durch komplexe Prozesse, z. B. bei Reklamationen oder technischen Problemen – ohne dass ein Mitarbeiter eingreifen muss.

Die Prognose von Gartner: Bis 2028 werden 15 % aller täglichen Geschäftsentscheidungen autonom durch KI-Agenten getroffen. Zudem sollen 33 % aller Unternehmenssoftware-Anwendungen in den kommenden drei Jahren über agentische KI-Komponenten verfügen.

Für Service-Organisationen eröffnet agentische KI nach meiner Einschätzung enormes Potenzial: Sie kann die First-Contact-Resolution-Rate steigern, Techniker im Außendienst entlasten und die Kundenzufriedenheit durch schnellere Antworten verbessern. Gleichzeitig zeigt Gartner, dass die meisten Projekte noch weit von einem stabilen Produktivbetrieb entfernt sind.

Meine Empfehlung lautet daher: Den Hype ernst nehmen, aber nüchtern bewerten. Statt blindem Aktionismus sind sorgfältige Pilotprojekte, klar definierte Anwendungsfälle und eine strategische Roadmap gefragt. Nur so können KI-Agenten im Service vom Versprechen zum echten Mehrwert werden.

Autor: Carsten Neugrodda, KVD-Geschäftsführer

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