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Noch nie war Künstliche Intelligenz im Service so präsent wie heute – und noch nie hat sie so viel Energie verlangt. Zwischen Chancen und Klimakrise wächst die Sorge, dass der Boom der intelligenten Maschinen zur Belastungsprobe für unsere Stromnetze wird. Doch Forscher, Dienstleister und Energieexperten zeigen bereits, wie durch smarte Innovationen und bewusste Entscheidungen der Einsatz von KI nachhaltiger gestaltet werden kann. Einfachster Tipp: Seien Sie bei der Nutzung nicht nett zur KI – aber dazu später mehr.

Künstliche Intelligenz hilft uns bereits an vielen Stellen im Service – dazu gibt es gute Beispiele von KVD-Mitgliedsunternehmen. Aber: Der Energiehunger ist gewaltig. Rechenzentren rund um den Globus verschlingen heute bereits vier bis fünf Prozent des weltweiten Stroms – vor allem, weil KI-Modelle gigantische Mengen an Daten analysieren und trainieren müssen. „Werkzeuge der KI verbrauchen viel Strom, und die Tendenz ist steigend“, wird zum Beispiel Ralf Herbrich, Geschäftsführer des Hasso-Plattner-Instituts, von der Tagesschau zitiert. Ein einziges großes Sprachmodell wie das gerade abgelöste GPT-4 etwa verbraucht im Training Zehntausende Megawattstunden – so viel Strom, wie mehrere hundert Haushalte in einem Jahr benötigen. Besonders kritisch: Wird jede Google-Suche durch generative KI verstärkt, schnellt der Strombedarf in Größenordnungen, die dem Verbrauch ganzer Länder entsprechen würden.

Mit KI sparen – geht das?

Um direkt die ganz große Dramatik aus dieser Perspektive zu nehmen: Gleichzeitig bietet KI auch selbst Mittel, Ressourcen klüger und sparsamer zu nutzen. Professor Wolfgang Maaß vom Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) (LINK https://www.dfki.de/web/news/nachhaltige-rechenzentren-wie-ki-um-bis-zu-90-prozent-energieeffizienter-wird) weist darauf hin: „Künstliche Intelligenz kann erheblich energieeffizienter werden. Mit den richtigen Methoden können wir die Rechenzentren der Zukunft nachhaltiger gestalten.“ Was ich spannend finde: In Pilotprojekten mit der Industrie hat sein Team nachgewiesen, dass spezialisierte, schlankere und bedarfsgerechte KI-Modelle den Energiebedarf um bis zu 90 Prozent senken können.

Wie geht das? Dabei hilft unter anderem ein Verfahren, das mit „Wissensdestillation“ beschrieben wird: Große KI-Modelle werden komprimiert, indem nur das benötigte Know-how für eine konkrete Aufgabe extrahiert wird. „Diese Schülermodelle bringen vergleichbare Leistung, kommen aber perspektivisch mit bis zu 90 Prozent weniger Energie aus“, berichtet DFKI-Forscherin Sabine Janzen. Auch hier gibt es gute Beispiele aus dem Spektrum unserer KVD-Mitgliedsunternehmen – denken Sie an das Thema Recycling: Statt eines riesigen Modells erledigt im Maschinen- und Anlagenbau eine abgespeckte KI mit deutlich geringerem Stromverbrauch die visuelle Sortierung von Stahlschrott, ohne an Zuverlässigkeit einzubüßen.

Energiekonsum von KI im Vergleich:

  • Training von GPT-3: etwa 1.287 MWh
  • Training von GPT-4: etwa 51.773 bis 62.319 MWh
  • Einfache ChatGPT-Anfrage: etwa 0,001 bis 0,01 kWh
  • ChatGPT-Anfrage mit Texterstellung: etwa 0,3 bis 1 kWh
  • Google-Suchanfrage: etwa 0,0003 kWh
  • Bitcoin-Transaktion: etwa 1,24 kWh
  • Rechenzentren weltweit: etwa 1 bis 2 Prozent des globalen Stromverbrauchs

Quelle: ComputerWeekly

KI – Problem und Lösung in einem

Für die Praxis bedeutet das aus meiner Sicht: KI kann Teil der Lösung sein – wenn sie clever eingesetzt wird. Wer den Einsatz von KI plant, sollte nicht nur die technische Machbarkeit und Vorteile prüfen, sondern auch den Ressourcenbedarf im Blick behalten. Entscheidungsträger könnten nur schwer abschätzen, wie viel Energie ein KI-Modell benötigt. Daher entwickele man Werkzeuge für zuverlässige Prognosen, damit Rechenzentren und Unternehmen besser planen können, erklärt dazu die DFKI-Expertin Hannah Stein. Damit wird es möglich, unnötigen Energieverbrauch zu vermeiden und große Rechenaufgaben etwa dann einzuplanen, wenn Strom günstig und grün verfügbar ist.

Ein weiteres Feld ist die Gebäudeautomation: Wirtschaftsingenieur Christian Schlicht zieht hier ein musikalisches Fazit. KI in der Gebäudetechnik sei wie ein Meisterdirigent eines Orchesters. Sie harmonisiert die vielfältigen Systeme und Gewerke eines Gebäudes … Das Ergebnis ist eine Sinfonie aus Effizienz, Komfort und Nachhaltigkeit, die perfekt auf unsere Bedürfnisse und die Umwelt abgestimmt ist – das Bild vom Orchester passt erstaunlicherweise in diesen Technologiefeldern immer wieder perfekt. Übertragen auf die Service-Praxis passiert aus meiner Sicht: KI-basierte Systeme übernehmen das Energiemanagement, erkennen Optimierungspotenziale und minimieren Verbrauch sowie Betriebskosten – ein Paradebeispiel, wie Digitalisierung und Nachhaltigkeit zusammenspielen können.

KI einsetzen – ja, sicher, aber bitte nicht zu freundlich

Am Ende bleibt jedoch eine Entscheidung, die jede Service-Organisation individuell treffen muss: Wann ist der Einsatz von KI sinnvoll und verantwortbar? Die Empfehlung aus der Forschung: Bewerten Sie für jede Anwendung sorgsam, ob eine KI-basiertes System wirklich notwendig ist – und achten Sie bewusst auf die Effizienz der gewählten Technologie. Klar ist: „Die Nachfrage nach KI wächst schneller als die Effizienz der Hard- und Software“, so ein Fazit aus aktuellen Analysen.

Umso wichtiger werden Tools wie der AI Energy Score, die helfen, ressourcenschonende Lösungen auszuwählen und das richtige Maß zu finden. Fest steht: Nur mit klugem Maßhalten und permanenten Effizienzsteigerungen bleibt KI ein Motor für Fortschritt – und nicht zur Klimabremse. Und dann gibt’s noch diesen Tipp von OpenAI: Seien Sie nicht zu nett zur KI, indem Sie sich für jedes Ergebnis explizit bedanken – denn darauf erneut zu reagieren, kostet den KI-Anbietern nur zusätzliches Geld, und Energie. Also, zumindest aus der Perspektive: immer sachlich bleiben, auch wenn’s schwer fällt.

Autor: Carsten Neugrodda, KVD Geschäftsführer

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