Inmitten von Digitalisierung, Dekarbonisierung und sich wandelnden Kundenbedürfnissen stehen Serviceorganisationen vor einer entscheidenden Frage: Wie können neue Geschäftsmodelle nicht nur innovativ, sondern auch nachhaltig, resilient und kundenzentriert gestaltet werden? Wer heute im technischen Service Verantwortung trägt, kommt an strategischer Geschäftsmodellinnovation nicht mehr vorbei.
Werte als Kompass für Geschäftsmodelle
Neue Geschäftsmodelle entstehen längst nicht mehr allein durch die Lücke im Markt – sondern durch die Potenziale in der Sinnstiftung. Immer mehr Unternehmen erkennen, dass die reine Gewinnmaximierung als handlungsleitender Zweck nicht ausreicht. Geschäftsmodelle der Zukunft beruhen auf geteilten Werten, auf dem, was Kunden, Mitarbeitende, Partner und Gesellschaft als wünschenswert empfinden.
Der Schlüssel dazu? Der liegt in der Integration wirtschaftlicher, sozialer und ökologischer Zielsetzungen – also einer nachhaltigen, wertebasierten Geschäftsmodellentwicklung. Werte wie Nachhaltigkeit, Integrität oder soziale Verantwortung können nicht nur das Portfolio, sondern das gesamte Wertangebot und die Ertragsmechanik transformieren.
Vom “Reparatur”-Service zu Everything-as-a-Service
Insbesondere im technischen Service ist ein tiefgreifender Wandel erkennbar. Das klassische Transaktionsgeschäft – Gerät verkauft, Servicevertrag abgeschlossen, Ersatzteile bereitgestellt – wird zunehmend durch „Everything-as-a-Service“-Modelle ersetzt. Subscription-basierte Angebote, Pay-per-Use- und Pay-per-Outcome-Modelle stellen neue Anforderungen an Organisation, Vertrieb, IT und Kundenbeziehung.
Die Herausforderung: Wer dem Kunden nicht mehr „etwas verkauft“, sondern eine Funktion oder ein Ergebnis bereitstellt, muss Verantwortung für Betrieb, Verfügbarkeit und Erfolg übernehmen. Das verändert Wertschöpfungsketten, Preismodelle und Rollenbilder radikal – insbesondere im Vertrieb, wo eine neue Form des Kundenverständnisses notwendig wird.
Bedeutet auch: Nachhaltige Service-Geschäftsmodelle erfordern neue Architekturen. Das beginnt mit einem präzisen Verständnis der Kundensegmente, ihrer Werte und der konkreten Nutzenerwartung. Darauf basierend lassen sich vier zentrale Elemente modellieren:
- Wertversprechen: Was ist der tatsächliche Nutzen für den Kunden?
- Wertschöpfungsarchitektur: Wie wird dieser Nutzen effizient erzeugt?
- Ertragsmechanik: Nach welchen Logiken und Metriken wird Wert abgeschöpft?
- Kundenzugang und -bindung: Wie bleibt die Beziehung tragfähig?
Zukunftsorientierte Organisationen nutzen diese Struktur, um systematisch neue Ideen zu testen – etwa mithilfe von Geschäftsmodellmustern. Das kann ein ergebnisorientierter Service, ein Produkt-als-Service oder auch der Fokus auf die Kreislaufwirtschaft sein.
Modularisierung und Piloten: Von der Vision zur Umsetzung
Ein zentrales Praxisprinzip ist der Ansatz der Modularisierung. Neue Geschäftsmodelle müssen nicht als Big Bang umgesetzt werden. Stattdessen empfehlen sich segmentierte Pilotprojekte, in denen gezielt Kunden, Produkte und Organisationseinheiten einbezogen werden.
Ein Beispiel: Ein Hersteller digitalisiert zunächst nur bestimmte Services und bietet Pay-per-Use nur in einem klar definierten Anwendungsfall an. Über Nutzungsdaten und Feedback kann die Lösung weiterentwickelt, skaliert und standardisiert werden. Das reduziert Risiko und schafft kulturelle Akzeptanz.
Wer so Geschäftsmodelle verändern will, muss die Organisation auf dem Weg mitnehmen. Das beginnt mit dem Top-Management und führt über alle Abteilungen im Unternehmen – Vertrieb, IT, Serviceleitung, Produktentwicklung. Das heißt: Raus aus den Silos, denn sie alle müssen interdisziplinär an einem Strang ziehen. Entscheidend ist, die Mitarbeitenden aktiv zu Beteiligten zu entwickeln – sie zu begeistern und sie zu Servicefans zu machen. Ohne ihre Expertise, ihr Erfahrungswissen und ihre Bereitschaft zum Wandel bleibt jedes Geschäftsmodell eine schöne PowerPoint-Folie. In der Praxis helfen KVD-Formate wie unser KVD Innovationstag, die KVD Praxistage oder die Anwender-Austauschgruppen, dazu organisationsintern (oder begleitet von Trainern und Coaches) Zukunftswerkstätten, Co-Creation Labs oder Innovationsprogramme, diesen Wandel konkret zu gestalten.
Entscheider im Service müssen verstehen: Neue Geschäftsmodelle im Service sind kein Selbstzweck. Sie sind Ausdruck eines sich wandelnden Anspruchs: weg von der Einmaltransaktion, hin zu einer nachhaltigen, kontinuierlichen Wertbeziehung mit dem Kunden. Wer diesen Wandel gestalten will, braucht Mut, Struktur – und vor allem eine klare Haltung. Denn Zukunft entsteht dort, wo Werte auf Innovation treffen.
Checkliste für Service-Manager
So gelingt der Einstieg
- Purpose definieren: Warum wollen wir ein neues Modell? Was ist unser Wertefundament?
- Blick ins KVD-Netzwerk: Welche Herausforderungen haben andere? Und welche Lösungen?
- Kundensegment auswählen: Wo ist der größte Hebel für ein neues Modell?
- Nutzungsdaten sichern: Ist IoT oder Remote Access vorhanden?
- Ressourcen analysieren: Haben wir die richtigen IT-Systeme, Skills, Partner?
- Pilot starten: Klein anfangen, klar abgrenzen, systematisch lernen
- Pricing durchdenken: Welche Preismetrik passt zum Kundenmehrwert?
- Erfolg messen: auch nicht-monetäre KPIS sowie CO2-Einsparung, Kundenzufriedenheit oder Nutzungsintensität sind relevant
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In unserer Themenwelt „Neue Geschäftsmodelle“ bieten wir Ihnen weiterführende Inhalte, Best Practices und Denkanstöße zur nachhaltigen Transformation von Serviceorganisationen.